The Invasion of the Penguins

- a fabulous dance piece -

2002

Die Invasion der Pinguine
– ein fabelhaftes Tanzstück –

Six penguins intoxicated with speed – an ecological comedy, a technoid gathering of momentum in dance, an ice cold look at nature beyond human control.

Inspired by a true story of aggressive penguins settling in a small town at the Cape of Good Hope, this production about the Antarctic’s elegant swimmers yet clumsy, earth-bound birds became a best-seller. To the sound of Arabic and African music, gigantic snowstorms and cracking ice sweep across the stage. The realistically portrayed penguins are victims of entropy. At first charming characters, they travel North on an ice-floe and become cut off from their roots. They have to change, adapt and re-equip themselves for survival, subsequently marching as warring creatures against the rest of the world.

The ozone hole, as newspapers mentioned briefly, for the first time has shrunk rather than grown. At the same time, this was the hottest summer ever registered in the Antarctic peninsula. In a spectacular process Larsen B Shelf broke free, a gigantic chunk of ice which kept thousands of penguins from returning to their breeding grounds. Simultaneously, a curious notice reached us from South Africa: thousands of miles from the Antarctic continent, the black-coated birds settled in the tiny village of Simon’s Town, and can now be seen paddling around in swimming pools, viciously defending their hold on the white beaches and even going for a drink in the local pub.
The penguin invasion: an ecological miracle on the southern hemisphere. The well-beloved creatures whose name and image are used by countless companies to draw the public’s attention – in England a book publishing company, in Brazil a beer brewery – these actually loud, aggressive, and awfully smelly birds spread among us. And easily too. A simple equation in the field of Bionics, the science concerned with the technical advantage of nature, proves: according to Dr. Rudolf Bannasch’s research, penguins need an amazingly small amount of energy to move – the equivalent of 0.05 liters per 100 km. With the equivalent of 1.5 liters of energy which a penguin is able to store, it can not only theoretically reach South Africa.
The Invasion of the Penguins: Helena Waldmann will present her first choreography at the Staatstheater Darmstadt, which has for its starting point her deep fascination with such miracles of nature.

A performance that, of all the apocalyptical possibilities that threaten us, chooses the least awful and plays around with it – as casually, amusingly and entertainingly as society is dancing over the abysses it is digging for itself.

Jochen Schmidt Frankfurter Allgemeine Zeitung

``What appears so funny raises our awareness of the global threat posed by such things as the greenhouse effect. This extravagant choreography is a parable of a world that has gone completely off its tracks.``

Mainzer Allgemeine

a production of Staatstheater Darmstadt (D)

concept
directing
choreography

Helena Waldmann

with

Chia-Yin Ling
Michele de Filippis
Guiseppe de Filippis
Guido Markowitz
Joaquim Sabaté
J. Alberto Marqués Torrent
Thomas Mohrbacher

stage

Katharina Walter

video

Anna Saup
Kay Fricke

costumes

Nathalie Grögler

music

Tricky Cris

light design

Dieter Göckel

dramaturgy

Philipp Contag-Lada

assistance to the director

fotos

Michael Hörnschemeyer

duration

65 minutes

Touring

Premiere:
2002, Oct 25

Staatstheater Darmstadt (D)

2002

NOV 9, 20, 22, 30

Staatstheater Darmstadt

DEC 5, 17

Staatstheater Darmstadt

2003

FEB 14+15

Theater im Pfalzbau, Ludwigshafen (D)

APRIL 4

Bregenzer Frühling (A)

JUNE 8

Cutting Edge Festival, Darmstadt (D)

NOV 19+20

Theater in Bewegung, Festival Jena (D)

Conversations

german

Interview mit Helena Waldmann
von Stefan Benz

Sie inszenieren Pinguine. Das ist doch ein Witz? >

Sie inszenieren Pinguine. Das ist doch ein Witz?

Stimmt.
Ein Mann wird auf der Landstraße von der Polizei angehalten. „Zeigen Sie mit bitte ihre Papiere und öffnen Sie den Kofferraum“, sagt der Polizist. Als der Polizist in den Kofferraum blickt, traut er seinen Augen kaum, dort sitzen 12 Pinguine. „Was wollen sie denn mit den Pinguinen??? Bringen sie die mal schleunigst in den Zoo“ sagt er zu dem Mann. Der Mann brummelt, schließt den Kofferraum, setzt sich in den Wagen und fährt weiter.
Am nächsten Tag auf der selben Landstraße wird der Mann wieder vom selben Polizisten angehalten. „Guten Tag, bitte öffnen Sie den Kofferraum“ verlangt der Polizist. Im Kofferraum sitzen 12 Pinguine mit Sonnenbrillen und Baseball-Mütze auf. „Sie haben die Pinguine ja noch immer dabei, ich habe Ihnen doch schon gestern gesagt, dass Sie sie in den Zoo bringen sollen“. „Ja“, sagt der Mann, „im Zoo waren wir gestern, heute fahren wir an den Strand“.

„Die Invasion der Pinguine“ folgt keiner literarischen Vorlage. Wie ist das Stück entstanden?

Seit vielen Jahren erzähle ich davon, dass ich mal ein Stück über Pinguine inszenieren will. Jetzt ist es soweit, es ist hier kalt genug geworden!
Zur Kontaktaufnahme mit den gut gefetteten Gesellen boten sich diverse Zoos an. Die Pinguine haben dort ihre ‚Bühne‘ und ich schaue ihnen zu, lasse mir ihre Stücke vorspielen – das ist meist lustig, absurd und tragisch gleichzeitig. Im richtigen Theater kommt da nur Eugene Labiche mit seinen grandiosen Komödien mit.

Tanztheater verzichtet sehr oft auf die lineare Erzählung einer Handlung. Wie sehen Sie das?

„Die Invasion der Pinguine“ hat einen erzählerischen Faden, unterteilt in drei Parts.
Der erste Teil spielt in der Heimat der Pinguine, der Antarktis. Dort brillieren sie durch ihre typischen Verhaltensmuster: der Pingu-Gänsemarsch, der Fast-Sprung ins Wasser, das Rodeln auf dem Dickbauch, das Nachmachen, was ein anderer vormacht etc.
Man sagt, die Eier sind generell der wunde Punkt einer Pinguinkolonie. So wird im zweiten Teil ein Baby geboren, der mausernde Neuling führt die Invasion in nördliche Gefilde an. Sie fallen in die zivilisierte Welt ein, übernehmen ganze Städte wie Simon’s Town an der südafrikanischen Küste, was sie übrigens tatsächlich seit den 1980er Jahren erfolgreich tun, und besiedeln andere Teile der Erde. Doch trotz Integrationsversuchen ihrerseits werden sie als untauglich erachtet für eine friedliche Co-Existenz. Sie müssen weg, irgendwo anders hin.

In Ihren letzten Stücken haben sie sehr stark mit der Verschiebung von
Wahrnehmung, Sehgewohnheiten und Bühnenregeln gespielt. Video war immer ein wichtiger Bestandteil Ihrer Arbeiten. Wie sieht die Bühne der Pinguine aus? Wohl keine originalgetreue Abbildung der Antarktis.

Unsere Bühnen-Antarktis ist eine der 21. Jahrhunderts – nur Weiß und Eis wäre unberührter Schnee von gestern.
Die Bühne arbeitet mit zwei verschieden formatigen und räumlich orientierten Projektionsflächen, darin spiele ich mit verschiedenen Dimensionen. Der Zweidimensionalität der Projektionen, der Dreidimensionalität der Pinguine und der Vermischung beider.

Sie haben „Angewandte Theaterwissenschaften“ in Gießen studiert. Wieviel Theorie und theoretisches Konzept erwartet die Zuschauer in Darmstadt?

Wegen der Pinguine? Es ist eine gute Gesellschaft im Frack, das gute Stück des 19. Jahrhunderts. Sie hat sich auf dem Eis versammelt, parlierend, sich fettend und wartend, abgeschottet gegen die grimmige Kälte ringsum. Die Abendkleider fehlen: Eine rein männliche Gesellschaft wartet im ewigen Eis auf die Farben, die die Frauen in das kalte Leben bringen. Worüber reden die Herren im Frack, während sie auf die Frauen warten? Sie reden über die Kälte, der die feine Gesellschaft zu ihrem Leidwesen ausgesetzt sei. Warum, so fragt man sich, wandern die Pinguine nicht aus? Warum ziehen sie nicht nach Norden, dorthin, wo es wärmer wird, wo die Farben und keine armen Sardellen mehr sind? Diese Gesellschaft braucht die Kälte, damit sie zusammenbleibt. Das Gejammer ist verlogen: Was täten Pinguine ohne Kälte? Und ohne Sardellen? Pinguine erheben erlittene Unlust zur Lust. Sie sind echte Kerle.
Das ist jetzt sehr frei nach Adorno. Wollen Sie noch mehr Theorie?

Bitte.

Fallt doch nicht auf die angeblich so netten Pinguine herein! Pinguine sind böse, fette Enten, die nach Fisch riechen, nicht einmal fliegen können, und der Frack ist nur Tarnung. Pinguine sind aggressiv und bissig und untreu sowieso. Die Biester rotten sich vor zauberhafter Kulisse zusammen, plaudern, watscheln herum und machen auf hilflos mit den ach so stummeligen Flügelchen. Alles Bluff und Trick; Pinguine lieben den Dreck, in dem sie knietief stehen, und oben ist alles schön sauber.
Pinguine klären, wenn sie zusammenhocken, nur ab, wie sie kleine, wehrlose Tiere am besten fangen und verschlucken können. Nach dem falschen Getuschel kommt die Jagd; der Frack ist ein Taucheranzug, der plaudernde Bonvivant wird zum Killer: schwarz von oben, weiß von unten. Der Rest ist abseitige Trachtenforschung. Wenn Goethe in „Faust“ singt „Schwankes Leben ohne Leid“ – redete er da von den taumelnden Pinguinen mit dem falschen Grinsen der Unterdrücker? Nein, mitnichten. Er meinte selige Sardellen in einer Welt ohne Pinguine. Es wird Zeit, dass einmal Licht ins Dunkel dieser eiskalten Brut gebracht wird, dass die Menschheit die hässliche Wahrheit über diese feine Gesellschaft erfährt. „Pinguis“, lat.: „fett, gut genährt“. Ja, wovon denn? Auf wessen Kosten denn? Cui bono? Pinguine sind die Falschmünzer der Meere: an Land feine Pinkel, im Ozean zeigen sie ihr wahres Gesicht. Ich kann ein Lied davon singen, auch unter Wasser, wenn’s sein muss. Sie werden es schon noch merken.
Haben Sie es erraten? Das war jetzt à la Karl Marx.

Pinguine sind drollig und bei allen sehr beliebte Tierchen. Bei Ihnen werden sie zu Invasoren. Wie verträgt sich denn das?

Pinguine sind ja vor allem dort beliebt, wo sie eigentlich gar nicht vorkommen, man sie also nicht wirklich kennt und sie mehr oder weniger nur als Singles auftreten: auf der Nordhalbkugel der Erde. Am Südpol, dort wo sie im Plural, zu Hunderttausenden in ihren Kolonien nisten sieht das schon ganz anders aus. Ein gigantisches Gewimmel von hackenden, beißenden, scheißenden, schreienden Wesen. Es ist wie bei Hitchcocks Film ‚Die Vögel‘. Einer allein ist nett, die Gefahr liegt in der Masse.

Press

english

Frankfurter Allgemeine Zeitung | 2002, Nov 27
by Jochen Schmidt

Odd birds. Helena Waldmann's fabulous dance piece "Invasion of the Penguins" in Darmstadt >

Never short of original ideas, choreographer Helena Waldmann, inspired by a true story about the arrival of a colony of aggressive penguins in a small settlement at the Cape of Good Hope in South Africa, makes these elegant swimmers and ungainly tailcoat-wearers the tragic heroes of a fable in dance form. ”Invasion of the Penguins” gives comic treatment to concerns about global warming by greenhouse gases. It is a performance that, of all the apocalyptical possibilities that threaten us, chooses the least awful and plays around with it – as casually, amusingly and entertainingly as society is dancing over the abysses it is digging for itself.

Mainzer Allgemeine | 2002, Oct 29

WHEN THE WORLD GOES OFF ITS TRACKS >

Video clips, music, light and dance combine to form a grandiose collage, cancelling out reality and sending the audience on a voyage of experience by deceiving the senses. The result is an all-genre work of art, multimedia theatre in which sound and space converge. (…) Waldmann’s dance theatre also lives by the irony, the tongue-in-cheek narrative of ”Invasion of the Penguins”. What appears so funny – penguins living it up on a beach with iced drinks and entertainment – raises our awareness of the global threat posed by such things as the greenhouse effect. And when the penguins cast out fishing lines because global warming has dried up their brains, it makes a sad finishing tableau. But Waldmann points the finger at no one. This extravagant choreography is a parable of a world that has gone completely off its tracks.

Darmstädter Echo | 2002, Oct 28

Sunbathing at the south pole >

The music, arranged by Tricky Chris, that comes out of the loudspeakers emits an obstinate electronic rhythm and includes quotations from rock and rap and noisy allusions to natural phenomena. It deliberately guides the movements of the six dancers and is an ideal accompaniment for the video clips designed by Anna Saup, that reflect not only the Antarctic world of ice and water, but also the threats of climate change, with lightning, thunder and sunshine. Waldmann spins a delightfully opalescent tale, which subtly shifts between reality and fiction. (…) This imaginative tragicomedy about the penguins, which look so droll but which fight tooth and claw for their last space, met with enthusiastic applause at its premiere performance.

german

Frankfurter Allgemeine Zeitung | 07.11.2002
von Jochen Schmidt

Ulkige Vögel: Helena Waldmanns fabelhaftes Tanzstück "Invasion der Pinguine"in Darmstadt >

Von jeher haben sich die Menschen der Tiere bedient, um an ihren Schicksalen die eigenen Probleme abzuhandeln. Schon vor mehr als 2500 Jahren entstanden die Tierfabeln des Griechen Äsop; im alten Orient wurden schon im 3. Jahrtausend vor Christus Tierfabeln erzählt, die menschliches Verhalten widerspiegelten. Pinguine kommen bei Äsop allerdings nicht vor. Denn die leben nur am Südpol, den die antike Welt noch nicht kannte. Seit kurzem watscheln und hüpfen Pinguine auch im Staatstheater Darmstadt. Die um originelle Stoffe nie verlegene Frankfurter Choreographin Helena Waldmann, inspiriert von einer wahren Geschichte über die Ansiedlung aggressiver Pinguine in einer kleinen Siedlung am Kap der Guten Hoffnung in Südafrika, hat die eleganten Schwimmer und tolpatschigen Frackträger zu den tragischen Helden einer Tanztheater-Tierfabel – „Die Invasion der Pinguine“ – gemacht, in der die Besorgnis über die zunehmende Erwärmung der Erde durch Treibhausgase in eine Comic-Handlung verpackt ist. Zusammen mit Katharina Walter hat Waldmann der Bühne des Darmstädter Kleinen Hauses ein zweites, helles Portal eingezogen, das auch als Projektionsfläche für satirisch erklärende Texte dient und in das ein schräges Fenster eingeschnitten ist. In die Szene ragt ein schlankes Podest, das sich als Träger eines Laufbands entpuppt. Im Hintergrund wölbt sich ein heller Teppich, auf dem die Video-Künstler Anna Saup und Kay Fricke Schneestürme toben und Eisschollen treiben, Pinguine schwimmen, Eisberge abschmelzen und schließlich ein mit Raketen bewaffnetes Pinguinheer zu neuen Horizonten aufbrechen lassen. Menschen kommen nicht vor, gesprochen wird, eine gute Stunde lang, nicht ein einziges Wort.
Die Bühne gehört einem halben Dutzend Pinguinen: fünf kleineren schwarzweißen und einem riesengroßen grauen, offenbar schon das Ergebnis einer Mutation. Die Vögel, von der Kostümbildnerin Nathali Grögler durch Plastikhäute in flaschenförmige Ungetüme verwandelt, watscheln und hüpfen, balancieren auf dem Laufband und platschen bäuchlings von ihm hinunter auf die Bühnenoberfläche, auf der sie blitzschnell dahingleiten. Zuweilen verfallen sie, vermenschlicht, wie sie sind, in regelrechte Tanzschritte, führen komische kleine Choreographien vor. Der geringe Energieverbrauch der Tiere hat es Waldmann angetan, und sie steht nicht an, eine Rechnung szenisch umzusetzen, die amerikanische Pinguin-Forscher, „spaßeshalber“, angestellt haben (wonach Pinguine, sofern man sie mit Benzin auftankte, mit einem Liter 2500 Kilometer schwimmen könnten). Pinguine lieben die Kälte. Vorübergehend stellt ihnen Waldmann einen großen Eisschrank als Erholungsstätte zur Verfügung. Doch langfristig macht sie ihnen szenisch die Hölle heiß und versetzt sie, zunächst akustisch mit arabischer Musik, afrikanischen Trommeln, die das Heulen der Stürme durchsetzen, in ein mediterranes Klima. Aber die Siesta im Liegestuhl, der Kämpfe mit den Tücken des Objekts vorangehen, ist für die spitzschnabeligen Frackträger keine angemessene Lebensform.
So brechen sie, mit Raketen bewaffnet, auf, die menschliche Zivilisation zu bedrohen, die sonst nur mit zweifelhaften technischen Errungenschaften (Benzinzapfsäule, Fluorkohlenwasserstoffe produzierendem Kühlschrank, am Südpol einschlagendem Marschflugkörper) erscheint.
Am Ende steht ein melancholisches Bild. Die Pinguine, des Fischfangs auf natürliche Art nicht mehr mächtig, sitzen nebeneinander auf dem stillstehenden Laufband und halten kleine Angeln ins imaginäre Wasser, während im Hintergrund, gesummt, der Gefangenenchor aus „Nabucco“ ertönt. Auf dem Hintergrundprospekt aber zieht eine Schrift auf, in deren letzter Zeile – „and while they are humming they are becoming human“ – die Verwandlung der Tiere in Menschen kundgetan wird: Man weiß nicht recht, ob als Verheißung oder als Drohung. Es ist der passend offene Schluss eines Stücks, das von allen apokalyptischen Möglichkeiten, die uns bedrohen, die am wenigsten schlimme auswählt und mit ihr so spielerisch locker, amüsant und kurzweilig hantiert, wie die Gesellschaft selbst über die Abgründe hinwegtanzt, die sie sich selbst gräbt.

Mainzer Allgemeine | 29. Oktober 2002

Wenn die Welt restlos aus den Fugen gerät >

Videoeinspielungen, Musik, Licht und Tanz vermischen sich zu einer grandiosen Collage, die die Wirklichkeit ausschaltet, um das Publikum mittels Sinnestäuschungen auf eine Erlebnisreise zu schicken. Was entsteht, ist ein Gesamtkunstwerk, ein multimediales Theater, das Klang- und Körperraum zusammenfließen lässt. (…) Waldmanns Tanztheater lebt zudem von der Ironie, dem Sarkasmus, mit dem sie die „Invasion der Pinguine“ erzählt. Was so lustig daher kommt – Pinguine führen ein Strandleben mit kalten Drinks und Animation ¬- sensibilisiert für die globalen Gefahren, die etwa der Treibhauseffekt bedingt. Und wenn die Pinguine Angeln auswerfen, weil die Erderwärmung ihre Gehirne ausgedörrt hat, ist dies ein trauriges Schlusstableau. Allerdings zeigt die Inszenierung niemandem den erhobenen Zeigefinger. Dieses überbordende Tanztheater ist eine Parabel auf eine Welt, die restlos aus den Fugen geraten ist.

Darmstädter Echo | 28. Oktober 2002
by Stefan Benz

Sonnenbad am Südpol >

Die von Tricky Chris arrangierte, über Lautsprecher ausgestrahlte Musik gibt ostinate elektronische Impulse, bringt auch Zitate aus Rock und Rap oder spielt geräuschartig auf Naturerscheinungen an. Sie steuert gezielt die Bewegungen der sechs Darsteller und passt zu den von Anna Saup gestalteten Videos, die sowohl die antarktische Eis- und Wasserwelt als auch die bedrohliche Klimaveränderung mit Blitz, Donner und Sonnenglast spiegeln. Waldmann entwickelt ein reizvoll changierendes Spiel, in dem Realität und Fiktion sich unmerklich gegeneinander verschieben. (…) Die einfallsreiche Tragikomödie von den Pinguinen, die so putzig aussehen und doch verbissen um ihren letzten Platz kämpfen, fand bei der Premiere begeisterten Beifall.